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Montag, 27.05.2024 | Person: Thomas Brinkmann
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 29.04.2024 – L 1 U 2085/23 – ein erstinstanzliches Urteil des SG Karlsruhe bestätigt und die Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall abgelehnt mit der Begründung, dass nicht nachgewiesen ist, dass der Kläger sich beim Arbeitskollegen mit dem Coronavirus angesteckt hat.
Der Kläger ist bei einem großen Kfz-Unternehmen tätig und wurde im März 2021 positiv auf das Coronavirus getestet mit einer anschließenden längeren Coronaerkrankung. Nach eigenen Angaben leidet der Kläger weiterhin an den Folgen der Corona-Infektion. Den Antrag auf Anerkennung der Corona-Infektion als Arbeitsunfall hat die zuständige Berufsgenossenschaft abgelehnt mit der Begründung, dass nicht nachgewiesen sei, dass er sich während der Arbeitszeit infiziert habe. Auch das Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen mit der zusätzlichen Begründung, dass der Arbeitnehmer an dem Tag, an dem der Arbeitskollege positiv auf das Coronavirus getestet worden sei, gar nicht im Betrieb gewesen sei. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wiederholte der Kläger seinen Sachvortrag und vertiefte diesen dahingehend, dass die Ehefrau des Kollegen schon am 03. März positiv getestet worden sei und die Infektionskette daher von der Ehefrau des Kollegen auf den Kollegen und dann auf ihn gegangen sein müsse. Um diesen Verlauf festzustellen, beantragte er die Erhebung weiterer Beweise.
Das LSG Baden-Württemberg wies die Berufung jedoch zurück, da ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen werden könne. Der Kläger könne sich während der Pandemie in allen Lebensbereichen angesteckt haben, und zwar auch im privaten Bereich, wie z.B. beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Das LSG Baden-Württemberg hat zwei zwingende Voraussetzungen für die Anerkennung als Arbeitsunfall aufgestellt und zwar einmal, dass die mögliche „Indexperson“, bei der sich der Arbeitnehmer während einer beruflichen Verrichtung angesteckt haben könnte, nachweislich vor dem Betroffene selbst mit den Virus infiziert gewesen sei, da anderenfalls überhaupt nicht aufklärbar sei, wer wen angesteckt habe und zweitens, wenn dieser Nachweis geführt worden sei, müsse untersucht werden, ob eine Infektion während der Arbeit wahrscheinlich sei, z.B., weil dort gefahrerhöhende Umstände vorlagen bzw. im privaten Bereich des Arbeitnehmers ein deutlich geringeres Ansteckungsrisiko bestand.
Allein der Umstand, dass der als Indexperson in Betracht kommende Kollege zeitgleich mit dem Arbeitnehmer positiv getestet worden sei, reiche nicht aus. Auch der Umstand, dass der Arbeitskollege vor dem Nachweis der Infektion schon Grippesymptome gezeigt habe, genüge ebenfalls nicht.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die allgemeinen Beweisregeln im Sozialrecht gelten, dass für den Nachweis des Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, aufgrund der mit der Beurteilung dieses medizinischen oder allgemein naturwissenschaftlichen Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt aber nur dann bereits vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden, die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (so ständige Rechtsprechung BSG).
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