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Dienstag, 02.03.2021 | Person: Lionel Patting
Mit Beschluss vom 08.10.2020 (Az. VII ARZ 1/20) hat sich der BGH zur Frage des fiktiven Schadensersatzanspruchs/Mängelbeseitigungsanspruchs positioniert und die Vorlagefrage des V. Senats (Beschl. v. 13.03.2020, Az. V ZR 33/19) beantwortet.
Hintergrund des Beschlusses war eine Anfrage des V. Senats des BGH („Kaufrechtssenat“), der über die Frage fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Rahmen eines notariellen Kaufvertrages über eine schimmel- bzw. feuchtigkeitsbehaftete Wohnung zu entscheiden hatte. Der Schaden war also noch nicht saniert, die Sanierungskosten waren aber beziffert und sollten vor Durchführung der Beseitigung vom Verkäufer übernommen werden.
Unterschiedliche Bewertung im Kaufrecht und im Baurecht
Der V. Zivilsenat neigte zwar dazu, den Anspruch der Kläger anhand der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten – also fiktiv – zu berechnen und entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung zu bejahen, sah sich daran jedoch durch die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats („Baurechtssenat“) wegen dessen Rechtsprechung (BGH, Urt. vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17) zur Ablehnung des fiktiven Schadensersatzes im Werkvertragsrecht gehindert.
Aus diesem Grunde legte der V. Senat dem VII. Senat die Frage vor, ob dieser an seiner Rechtsprechung zur Ablehnung der fiktiven Mangelbeseitigungskosten festhalte.
Insoweit hat der VII. Senat des BGH die Anfrage des V. Zivilsenats mit Beschluss vom 8.10.2020 – VII ARZ 1/20 dahingehend beantwortet, dass die Grundsätze der Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht, wo Bezugspunkt der Interessen allein das mangelfreie Werk ist, auf das Kaufrecht nicht zu übertragen seien. Auch im Hinblick auf die unterschiedliche gesetzliche Ausgestaltung der Mängelrechte, insbesondere im Hinblick auf Vorschussanspruch und Selbstvornahmerecht sowie im Hinblick auf das Nacherfüllungsrecht bzw. dessen Unverhältnismäßigkeit, sei ein Gleichlauf zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht nicht geboten.
Ein zentrales Argument für die Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten, so der BGH, könne darin gesehen werden, dass dem geschädigten Vertragspartner die Vorfinanzierung nicht zugemutet werden könne. Im Werkvertragsrecht verfange dieses Argument allerdings deshalb nicht, weil der Gesetzgeber dort einen eigenen Kostenvorschussanspruch geregelt habe.
Es bleibt nun abzuwarten, ob der V. Senat die Rechtsprechung des VII. Senats zur Ablehnung der fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Werkrecht für entscheidungserheblich hält und ggf. nunmehr diese Rechtsfrage dem Großen Zivilsenat zur Beantwortung vorlegt.
In Kürze wird nun der V. Senat entscheiden, ob die Frage des fiktiven Schadensersatzes im Kaufrecht einer abschließenden Klärung durch den Großen Senat für Zivilsachen zugeführt werden soll oder ob die Frage des fiktiven Schadensersatzes in Kauf- und Werkrecht unterschiedlich beurteilt wird.
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