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Montag, 03.02.2025 | Person: Thomas Brinkmann
Die Fahrt zur Tankstelle auf dem Weg zur Arbeit ist nicht unfallversichert, auch wenn der Arbeitsplatz ohne den Tankvorgang nicht erreicht werden kann.
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 19.09.2024 – L 10 U 3706/21 – die Fahrt zur Tankstelle während der Fahrt zur Arbeitsstelle als nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst qualifiziert. Es würde sich hier um eine privatwirtschaftliche Verrichtung handeln, die in keinem Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit stehen würde, auch wenn der Tank des Fahrzeuges so leer war, dass der Arbeitsplatz ohne eine erneute Betankung nicht erreicht werden konnte.
Eine Auszubildende wollte zu ihrer 18 km entfernten Ausbildungsstätte fahren. Beim Starten musste sie feststellen, dass der Tank fast leer gefahren war, nachdem der Bruder unwissentlich das Motorrad genutzt und den Tank fast leer gefahren hatte. Kurz vor Erreichen der Tankstelle wurde die Auszubildende von einem Pkw zum Ausweichen gezwungen, stürzte und erlitt Verletzungen, die zu einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit führten. Von der zuständigen Berufsgenossenschaft wurde die Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt.
Hiergegen hatte die Auszubildende das Klageverfahren angestrengt mit der Begründung, dass sie nichts von dem fast leeren Tank gewusst habe und die Fahrt zur Tankstelle für sie unvermeidbar gewesen sei. Es habe sich hier bei dem Tankvorgang um eine Vorbereitungshandlung zur Aufnahme der Arbeitstätigkeit gehandelt, die vom Versicherungsschutz umfasst gewesen sei.
Das Sozialgericht und danach das LSG Baden-Württemberg haben die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.09.2024, L 10 U 7306/21). Es habe sich bei dem Unfall nicht um einen Wegeunfall gehandelt, da die Klägerin sich nicht auf ihrem direkten Arbeitsweg befunden habe, als der Unfall passiert sei. Es würden auch keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine Einbeziehung des Tankens in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung rechtfertigen könnten. Im Zweifel habe die Versicherte etwaige Fahrzeugnutzungen innerhalb der Familie in geeigneter Weise zu unterbinden. Der vorausschauende Versicherte würde regelmäßig nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen, der Unaufmerksame aber schon, wenn ein derartiger Sachverhalt als Wegeunfall qualifiziert würde. Der Fall sei auch nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt eines Benzindiebstahls, bei dem eine Ausnahme gemacht werde.
Das LSG Baden-Württemberg hat sich hier einmal mehr mit der Frage befasst, ob es sich bei dem Unfall um einen versicherten Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gehandelt hat. Hiernach beginnt der Schutz der Unfallversicherung mit dem Verlassen des häuslichen Lebensbereichs und geschützt ist nur der direkte Weg vom häuslichen Lebensbereich zum Arbeitsplatz. Abwege, d. h. Weg zu anderem Ziel/in anderer Richtung ist grundsätzlich nicht versichert, mit Ausnahme es handelt sich hier um einen 3. Ort. Auch erhebliche Umwege sind nicht versichert, also die Verlängerung/Abweichung vom direkten Weg unter Beibehaltung des Ziels. Lediglich ein unerheblicher Umweg ist versichert. Bei der Unterbrechung des direkten Weges ist zu unterscheiden zwischen einer unerheblichen Unterbrechung, die noch versichert ist und einer erheblichen Unterbrechung, bei der der Versicherungsschutz verloren geht.
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