Mittwoch, 21.09.2022

EU-Lieferketten-Regulierung

Ein Beitrag von Sonja Ruland und
Lars Wenning

Die EU-Kommission will alle unter Zwangsarbeit hergestellten Waren verbieten. Am 14.09.2022 hat sie einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgestellt. Die neue Verordnung soll Mitgliedsstaaten erlauben, entsprechende Produkte aus dem Verkehr zu ziehen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass nationale Behörden Ermittlungen zu Produkten aufnehmen müssen, die im Verdacht stehen, unter Zwangsarbeit hergestellt worden zu sein.

Beweise können nach dem Gesetzesentwurf Berichte von Nichtregierungsorganisationen oder auch Videos und Zeugenaussagen von Betroffenen sein. Zudem will die Kommission eine Datenbank über Risikofaktoren erstellen. Erhärtet sich ein Verdacht, dürfen die Produkte gar nicht erst auf den Markt gelangen oder müssen von den nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten umgehend abgesetzt und entsorgt werden.

Das heißt im Ergebnis, dass die Behörden den Einsatz von Zwangsarbeit nicht bei jedem einzelnen Produkt bis ins letzte Detail nachweisen müssen, um es verbieten zu können. Stattdessen soll schon ein begründeter Verdacht genügen. Die EU-Kommission spricht bei ihrem Vorschlag von einem „risikobasierten Ansatz“.

Ausnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen soll es nicht geben

Die Verordnung wird bereits jetzt sehr kontrovers diskutiert. Während einigen Europaparlamentariern die Regelungen nicht scharf genug erscheinen, fürchten andere wiederum die damit einhergehenden bürokratischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in der derzeit ohnehin gebeutelten Krisenwirtschaft.

Ein weiteres Problem könnte die Verfügbarkeit bestimmter Waren in der EU sein. So kämen etwa laut Bernd Lange (Mitglied des Europäischen Parlaments) die in der Medizin oft verwendeten blauen Einweghandschuhe zu ca. 60 Prozent aus Malaysia und basierten zu großen Teilen auf Zwangsarbeit.

Bereits im Juni 2022 haben die USA mit dem Uyghur Forced Labor Prevention Act ein qualifiziertes Importverbot für sämtliche Waren verhängt, die in der chinesischen Provinz Xinjiang von einem Unternehmen produziert wurden, welches unter dem Verdacht von Zwangsarbeit durch die muslimische Minderheit der Uiguren steht.

Da es sich um eine EU-Verordnung handelt, wird das Verbot mit der Verkündung unmittelbar in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gelten, ohne dass es noch einer Umsetzung durch den jeweiligen nationalen Gesetzgeber bedarf. Allerdings wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen, bis das neue Gesetz greift. Denn zunächst müssen das Europaparlament und der Rat der Europäischen Union ihre Positionen festlegen, was voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Verordnung gewisse zeitliche Übergangsregelungen beinhalten wird.

Die geplante Verordnung wird indes im Ergebnis gewiss den Druck auf europäische bzw. nationale Unternehmen der jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten erneut dahingehend erhöhen, Lieferketten einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen und entsprechende Vorbereitungen mit Blick auf die Bereiche Compliance und Vertragsgestaltung zu treffen.  
Siehe hierzu bitte auch unsere Beiträge:
Das EU-Lieferkettengesetz – Weitergehende (Sorgfalts-)Pflichten der Unternehmen für eine nachhaltige

Das deutsche Lieferkettengesetz – neue Sorgfaltspflichten für Unternehmer ab dem 01.01.2023