Montag, 24.04.2023

Unpfändbarkeit von Pflegegeld

Ein Beitrag von Thomas Brinkmann

Mit Beschluss vom 20.10.2022 – IX ZB 12/22 –hat der BGH entschieden, dass das Pflegegeld bei der Pflegeperson nicht pfändbar ist unter Hinweis auf den Sinn und Zweck der Leistung des Pflegegeldes.
 
1.
Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass über das Vermögen der Mutter, die ihren pflegebedürftigen Sohn betreut und gepflegt hat, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Insolvenzverwalter wollte bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens auch das Pflegegeld berücksichtigen, dass ihr Sohn an sie weitergeleitet hat. Der Sohn hat das Pflegegeld von der Pflegekasse erhalten, um seine Pflege selber zu organisieren. Der Antrag des Insolvenzverwalters wurde von dem Amtsgericht Oldenburg abgelehnt und die Entscheidung wurde durch das Landgericht und anschließend durch den BGH bestätigt.
 
2.
Nach Auffassung des BGH ist das nach § 37 SGB XI gezahlte Pflegegeld unpfändbar gemäß § 851 ZPO i.V.m. § 399 BGB, da es sich um eine Geldleistung handelt, die nicht übertragbar sei. Der Sohn, der das Geld für die Durchführung der Pflege an seine Mutter weitergeleitet hat, bekommt mit dem Pflegegeld die Möglichkeit, sein Leben eigenständig und selbstbestimmt zu führen. Das Interesse, dass seine Mutter das Pflegegeld für die durchzuführende Pflege erhält, ist schutzwürdig. Die Geldleistung ist auch keine Gegenleistung für die erfolgte Pflege, sondern nach dem Willen des Gesetzgebers nur ein Anreiz, die Pflegebereitschaft zu fördern. Würde an einem Gläubiger seiner Mutter das Pflegegeld übertragen, wäre dem Sinn, dass Pflegegeld für die Opferbereitschaft der Mutter bei der Durchführung der Pflege zu belohnen, der Boden entzogen. Das Pflegegeld ist auch nach Auffassung des BGH keine geschützte Sozialleistung nach § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I, denn pflegebedürftig sei der Sohn und nicht die Mutter. Dem Sohn würden daher die Leistungen zustehen und nicht der Mutter. Wenn er dann das Pflegegeld weiterleitet, genießt es an sich keinen besonderen Schutz nach § 54 SGB I und unterliegt der Pfändungsvorschriften des ZPO.