Montag, 07.03.2022

Schleichwerbung von Influencern – der BGH versucht aufzuklären

Ein Beitrag von Alexander Philipp

Der BGH hat sich am 09.09.2021 (Az.: I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20) in drei Verfahren erstmals zu der Frage nach kennzeichnungspflichtigen Beiträgen auf Instagram geäußert. Nachdem wir eines der nun vom BGH entschiedenen Verfahren bereits in Beiträgen vom 18.06. und 30.06.2020 besprochen haben, soll hier nun ein Update erfolgen.
Dabei wurde im Falle einer Influencerin ein geschäftliches Handeln für ein fremdes Unternehmen festgestellt, das eine Kennzeichnungspflicht der Bloggerin begründet. Dahingegen wurde ein solches geschäftliches Handeln in den anderen beiden Verfahren, welches u.a. Cathy Hummels betraf, verneint, da beide Influencerinnen laut BGH lediglich für ihr eigenes Unternehmen tätig wurden.

Ein „übertrieben werblicher“ Beitrag

Der BGH stellte in allen drei Fällen im Wesentlichen darauf ab, ob die Influencerinnen einen „übertrieben werblichen“ Beitrag veröffentlicht haben. Dabei komme es auf den Gesamteindruck des Beitrags und darauf an, ob der Rahmen einer rein sachlich veranlassten Information insoweit bereits verlassen wurde.
Dass ein Post mit einem sog. „Tap Tag“ versehen ist, das den Verbraucher durch Anklicken unmittelbar auf das Instagram-Profil des Unternehmens weiterleitet, genügt für einen werblichen Überschuss noch nicht. Gelangt der Verbraucher jedoch durch die Verlinkung auf die externe Internetseite des beworbenen Unternehmens, so soll eine Kennzeichnung erforderlich sein.
Unerheblich ist zudem, ob der Verbraucher erkennt, dass der Influencer mit dem Beitrag zugunsten eines fremden Unternehmens handelt. Vielmehr muss der Beitrag durch das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er sonst höchstwahrscheinlich nicht getroffen hätte. Als ein entscheidendes Kriterium wird in den Urteilen das im Übermaß lobende Hervorheben des fremden Unternehmens genannt, wodurch einzig und allein die Vorteile des Produkts beworben werden.

Geschäftliche Handlung zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens?

Wenn es um die Kennzeichnungspflicht der Beiträge geht, muss in jedem Fall zwischen dem fremden Unternehmen, für das geworben wird, und dem eigenen Unternehmen der Influencer unterschieden werden.
Influencer, die mittels eines sozialen Mediums Waren vertreiben, Dienstleistungen anbieten oder ihr eigenes Image vermarkten, betreiben ihr eigenes Unternehmen. Denn durch die Veröffentlichung von Beiträgen werden sowohl Bekanntheit also auch Werbewert gesteigert, wodurch wiederum das eigene Unternehmen gefördert wird. Die ‚Werbung‘ für das eigene Unternehmen ist gerade nicht kennzeichnungspflichtig, denn der Influencer handelt für sich selbst.

Die Gegenleistung im Zusammenspiel mit dem Fehlen hinreichender Kennzeichnung

Dass bei einer der Influencerinnen schließlich ein Verstoß gegen das UWG festgestellt wurde, lag an einem entscheidenden Unterschied zu den anderen beiden Fällen: Die Influencerin hatte im streitgegenständlichen Post für eine „Raspberry-Jam“ geworben und dafür ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von dem fremden Unternehmen erhalten. Dass trotzdem keine Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks stattfand, begründete dem BGH zufolge den Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG.
Die anderen beiden Influencerinnen enthielten indes keine Gegenleistung für ihre Beiträge. Die geschäftlichen Handlungen seien laut BGH aus diesem Grund nur zugunsten des eigenen Unternehmens erfolgt. Es könne zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Beitrag sowohl dem eigenen als auch dem fremden Unternehmen dient, jedoch sei die Gegenleistung in diesen Fällen entscheidend. Dies bestimmen vorrangige Spezialvorschriften des TMG, RStV und MStV, die den Anwendungsbereich der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Bestimmung des § 5a Abs. 6 UWG einschränken.

Ein nur teilweise geglückter Versuch der Aufklärung – Hoffnung auf Reform des UWG?

Nicht nur die hier besprochenen Urteile sollen im Bereich des Online-Handels auf den Plattformen der sozialen Medien etwas Klarheit schaffen. Eine für Mai 2022 angesetzte Reform des UWG soll auch im Bereich des „Influencer-Marketings“ Unsicherheiten beseitigen. Der Entwurf zeigt einige begrüßenswerte Ansätze, wie etwa Änderungen des § 5a UWG, dort insbesondere Abs. 4. Demnach könnte, ebenso, wie der BGH dies nun in seiner Rechtsprechung verlangt, eine Kenntlichmachung erforderlich werden, sobald der Beitrag geeignet ist, die geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers zu beeinflussen und ein kommerzieller Zweck nicht deutlich gemacht wird, wobei der kommerzielle Zweck auch hier an einem Entgelt oder sonstigen Gegenleistung angeknüpft werden soll. Eine Abgrenzung insbesondere im Rahmen der Beweisbarkeit dürfte sowohl im Hinblick auf die Beeinflussung als auch hinsichtlich der Frage, ob Einkünfte erzielt werden sollen oder nicht, in der Praxis sehr schwierig umzusetzen sein. Denn ‚beeinflussen‘ Influencer mit ihren Beiträgen nicht per se und erhoffen sich mit ihrer Tätigkeit auch Einkünfte?
Es sieht also so aus, als könnten weder die Urteile des BGH noch etwaige Änderungen des UWG maßgebliche Unklarheiten beseitigen. Die nächste Episode in dieser Entwicklung ist mit der avisierten Reform des UWG bereits vorgezeichnet. Wir halten Sie auf dem Laufenden!