Mittwoch, 22.06.2022

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bei Besichtigung eines neuen Arbeitsplatzes
Entscheidung BSG – B 2 U 13/20 R –

Ein Beitrag von Thomas Brinkmann

Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld I und erhielt einen Vermittlungsvorschlag der Bundesagentur für Arbeit. Sie bewarb sich bei einem Unternehmen und absolvierte im Rahmen ihrer Bewerbung ein unentgeltliches eintägiges „Kennenlern-Praktikum“. Es fanden Gespräche, eine Betriebsführung und eine Besichtigung eines Hochregallagers in dem Unternehmen statt. Während der Besichtigung des Hochregallagers stürzte die Klägerin und brach sich den rechten Oberarm. Die BG Holz und Metall lehnte die Feststellung des Arbeitsunfalls ab. Die Klage hiergegen blieb beim Sozialgericht und Landesozialgericht erfolglos. Nach Auffassung der Vorinstanzen habe kein den Versicherungsschutz begründendes Betätigungsverhältnis vorgelegen. Die Klägerin sei auch nicht als Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Es habe auch keine Aus- oder Fortbildung vorgelegen.
 
Das BSG hat der Revision der Klägerin stattgegeben. Die Klägerin habe kraft Satzung der BG unter Unfallversicherungsschutz als Teilnehmerin einer Besichtigung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII i.V. m. § 52 Abs. 1b der Satzung der BG gestanden. Es komme dabei nicht darauf an, wie der gesamte „Kennenlern-/Praktikumstag“ abgelaufen sei, sondern auf die letzte unmittelbar vor dem Unfallereignis ganz konkret ausgeübte Verrichtung. Hier habe die Klägerin ein Hochregallager des Unternehmens besichtigt. Nach der Satzungsregelung der BG genüge für die Erfüllung des Versicherungstatbestands die Teilnahme an einer Besichtigung, um Unternehmer umfassend von erhöhten Haftungsrisiken freizustellen, die durch Besichtigung ihrer Unternehmen entstehen. Daher würden auch Bewerber bei Vorstellungsgesprächen erfasst, soweit sie das Unternehmen besichtigen.
 
Das BSG hat jedoch weiter ausgeführt, dass die Klägerin nicht aufgrund anderer Tatbestände unfallversichert gewesen sei. Sie sei weder als Wie-Beschäftigte tätig geworden, noch habe eine Versicherung bei der BG mangels ausdrücklicher Meldeaufforderung der Bundesagentur für Arbeit vorgelegen.