Freitag, 17.02.2023

Equal Pay ist keine Verhandlungssache

Ein Beitrag von Melanie Bördner

Das BAG hat am 16.02.2023 (Az.: 8 AZR 450/21) entschieden, dass eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt für die gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber einem männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert der Umstand, dass der männliche Kollege ein höheres Entgelt beim Einstieg besser verhandelt hat, nichts.
 
Sachverhalt
Die Beklagte, die ein Unternehmen im Bereich der Metall- und Elektroindustrie betreibt und bei der insgesamt 180 Mitarbeiter beschäftigt sind, beschäftigte sowohl die Klägerin als auch einen männlichen Mitarbeiter als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst.
Der männliche Mitarbeiter war seit dem 01.01.2017 bei der Beklagten tätig. Im Rahmen der Anstellungsverhandlungen bot die Beklagte dem männlichen Mitarbeiter zunächst ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.500,00 Euro zzgl. einer variablen Vergütung ab dem 01.11.2017 an, was der männliche Mitarbeiter jedoch ablehnte.  Stattdessen forderte er für die Zeit bis zum Einsetzen der variablen Vergütung (d.h. bis zum 31.11.2017) ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 4.500,00 Euro. Ab dem Zeitpunkt des Einsetzens der variablen Vergütung (d.h. ab dem 01.11.2017) könne das Bruttomonatsgehalt dann auf 3.500,0 Euro herabgesetzt werden. Dem stimmte die Beklagte zu.
Die Klägerin war seit dem 01.03.2017 bei der Beklagten tätig. Auch im Rahmen ihrer Anstellungsverhandlungen bot die Beklagte der Klägerin ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.500,00 Euro zzgl. einer variablen Vergütung ab dem 01.11.2017 an. Im Gegensatz zu dem männlichen Mitarbeiter nahm die Klägerin das Gehaltsangebot jedoch an.
Ab dem 01.07.2018 erhielt der männliche Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung i.H.v. insgesamt 4.000,00 Euro brutto (zzgl. der variablen Vergütung).
 
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Arbeitskollegen und eine Entschädigung. Während die beiden Vorinstanzen (Arbeitsgericht Dresden Urt. v. 04.10.2019 – 5 Ca 638/19 und Landesarbeitsgericht Sachsen Urt. v. 03.09.2021 – 1 Sa 358/19) die Klage noch abwiesen, hat die vor dem Bundesarbeitsgericht hiergegen eingelegte Revision ganz überwiegend Erfolg.
 
Entscheidung des BAG
Wie der Pressemitteilung des BAG zu entnehmen ist, hat die Beklagte die Klägerin dadurch aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, dass sie ihr, obgleich die Klägerin und ihr männlicher Arbeitskollege die gleiche Arbeit verrichten, ein niedriges Gehalt gezahlt hat als dem männlichen Arbeitskollegen. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Arbeitskollege begründet die Vermutung nach § 22 AGG (Benachteiligung aufgrund des Geschlechts). Die Klägerin hat daher gem. Art. 157 AEUV, §§ 3 Abs.1 und 7 EntgTranspG (aufgrund der Anzahl der Mitarbeiter bestand ein Auskunftsanspruch der Klägerin nach dem Entgelttransparenzgesetz) einen Anspruch auf das gleiche Grundgehalt wie der männliche Arbeitskollege. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass höhere Entgelt beruhe darauf, dass der männliche Arbeitskollege sein Entgelt besser ausgehandelt hat.