Donnerstag, 04.08.2016

Olympische Spiele 2016

Rechte der Sportler bei rechtswidriger Nicht-Nominierung

Einführung und Problemdarstellung
In diesem Jahr finden die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro statt. Die Teilnahme an Olympischen Spielen bedeutet für Sportler nicht nur, dass sie sich mit den besten Sportlern ihrer Sportart messen dürfen, sondern hat für diese auch eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Bedeutung. Der Marktwert und Werbewert des einzelnen Sportlers kann durch gute Leistungen bei Olympischen Spielen deutlich gesteigert werden. Daher kommt es im Vorfeld der Olympischen Spiele immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Sportlern und den einzelnen Sportfachverbänden sowie dem Deutschen Olympischen Sportbund über die Nominierung zu den Olympischen Spielen.
Auch im Vorfeld der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro kam es zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Sportlern und Verbänden über die Nominierung für die Olympischen Spiele. Aus der Presse sind die Fälle der Speerwerferin Katharina Molitor und der Triathletin Rebecca Robesch bekannt geworden. Beide Sportlerinnen wurden von ihren Sportfachverbänden nicht für eine Olympiateilnahme dem Deutschen Olympischen Sportbund vorgeschlagen, was aber Voraussetzung für eine Nominierung durch den DOSB ist. Letztendlich entscheidet dann der DOSB, wer von den vorgeschlagenen Sportlern für die Olympischen Spiele nominiert wird. Katharina Molitor scheiterte mit ihrem Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung auf Nominierung beim Landgericht Frankfurt a.M.. Rebecca Robesch hatte mit ihrem Antrag beim Landgericht Frankfurt a.M. mehr Erfolg und zwang den DOSB zu einer neuen Nominierungsentscheidung. Allerdings wurde sie auch in der zweiten Runde nicht nominiert, womit beide Sportlerinnen in Rio de Janeiro nicht dabei sind.
Viele Sportler akzeptieren die Entscheidung der Verbände. Nur wenige von ihnen ergreifen die Initiative und versuchen eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Nominierungsentscheidung durch gerichtliche Hilfe zu korrigieren. Und noch wenigere Sportler machen bei fehlerhaften Nominierungsentscheidungen ihren finanziellen Schaden (Entgangene Sponsoren- und Startgelder) als Schadensersatz gegenüber den Verbänden geltend, was seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13.10.2015 leichter geworden ist.
Einer dieser wenigen Sportler war der Leichtathlet Charles Friedeck. Charles Friedeck hielt seine Nichtnominierung für die Olympischen Spiele 2008 in Peking für rechtswidrig und klagte vor dem Landgericht Frankfurt a.M. auf Schadensersatz. Er behauptete, dass ihm ca. 130.000 € Sponsoren-, Preis- und Startgelder aufgrund der Nichtnominierung zu den Olympischen Spielen  2008 in Peking entgangen seien. Zunächst wurde die Klage von Charles Friedeck nur hinsichtlich der grundlegenden Frage entschieden, ob ein entsprechender Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Nichtnominierung überhaupt besteht. Gab ihm in erster Instanz das Landgericht Frankfurt Recht, hob das Oberlandesgericht Frankfurt am Main diese Entscheidung auf. Letztendlich entschied der Bundesgerichtshof am 13.10.2015.
 
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13.10.2015
Der Bundesgerichtshof entschied in seinem Urteil vom 13.10.2015, dass ein Monopolverband, der als einziger bestimmte Leistungen unter von ihm selbst aufgestellten Kriterien erbringt, verpflichtet ist, diese Leistungen jedem zu gewähren, der die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung erfüllt. D.h., der DOSB muss jeden Sportler nominieren, der die Nominierungsvoraussetzungen erfüllt. Erfüllt jemand die Nominierungsvoraussetzungen und wird fälschlicherweise nicht nominiert, steht ihm ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem DOSB zu.
Der BGH geht davon aus, dass zwischen dem Sportler und dem DOSB mit Nominierung ein Vertragsverhältnis entsteht. Konsequenterweise besteht daher in der Nominierungsphase ein vorvertragliches Schuldverhältnis, wonach der DOSB als Monopolverband für die Nominierung zu den Olympischen Spielen zur Nominierung eines Sportlers verpflichtet ist, wenn dieser die Voraussetzungen erfüllt. Die Nominierungsrichtlinien sieht der BGH dabei als ein für den Verband bindendes „Innenrecht“ an. Sind Nominierungsrichtlinien unklar oder widersprüchlich, sind diese auszulegen. Dabei ist auf den „objektiven Empfängerhorizont“ und weniger auf die Umstände der Aufstellung der Richtlinien abzustellen. Im Fall von Charles Friedeck (Dreisprung) war Voraussetzung für eine Nominierung, dass er die Weite von 17 Metern zweimal innerhalb der Saison erreichte bzw. übertraf. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob es ausreichte, dass er die geforderte Weite von 17 Metern zweimal in einem Wettbewerb erreicht hatte, oder ob er sie in zwei verschiedenen Wettbewerben erreichen musste. Der BGH entschied nach dem Wortlaut der Richtlinie, der lediglich forderte, dass die Weite zweimal erreicht werden musste, und gab Charles Friedeck recht.
Wird der Sportler dann trotz Erfüllung der Voraussetzungen der Nominierungsrichtlinie nicht nominiert, besteht aufgrund der Verletzung der bindenden Nominierungsrichtlinien ein Schadensersatzanspruch.

Fazit
In seinem Urteil vom 13.10.2015 kommt der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Nominierungsrichtlinien des jeweiligen Verbandes, welche zu Beginn der Qualifikationsphase für die Teilnahme an Olympischen Spielen festgelegt werden, den Verband in seiner späteren Nominierungsentscheidung binden. Auch wenn der einzelne Sportler kein unmittelbares Mitglied des vorschlagenden Fachverbandes bzw. des nominierenden DOSB ist, entsteht mit Festlegung der Nominierungsrichtlinien eine schuldrechtliche Verbindung, auf deren Grundlage dem Sportler bei fehlerhaften Nominierungsentscheidungen ein Schadensersatzanspruch zusteht.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.10.2015 stellt eine deutliche Stärkung der Rechte der Sportler dar und wird seinen Beitrag dazu leisten, willkürliche Nominierungsentscheidung zu sanktionieren und am langen Ende vielleicht sogar zu unterbinden.