Dienstag, 24.05.2016

Inanspruchnahme von Elternzeit unterliegt dem Schriftformerfordernis

Das Bundesarbeitsgericht hat am 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15 – entschieden, dass das Elternzeitverlangen der strengen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB unterliegt.
 
Sachverhalt
Die Klägerin war als Rechtsanwaltsfachangestellte bei dem Beklagten beschäftigt, der das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.11.2013 kündigte. Im Kündigungsrechtsstreit machte die Klägerin geltend, sie habe dem Beklagten nach Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10.06.2013 die Inanspruchnahme von Elternzeit für 2 Jahre mitgeteilt, weshalb für die Dauer der Elternzeit der besondere Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG greife.
 
Entscheidungsgründe
Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und die Kündigung für wirksam erachtet. In der Pressemitteilung ist dazu angegeben, ein Elternzeitverlangen erfordere die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB und damit die eigenhändige Namensunterschrift der Arbeitnehmerin (oder eine Unterzeichnung mit notariell beglaubigtem Handzeichen). Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt zur Nichtigkeit der Erklärung gemäß § 125 Satz 1 BGB. Damit ist die Elternzeit zu keinem Zeitpunkt wirksam beantragt worden und greift der Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1BEEG nicht. Gründe, die es dem Arbeitgeber aufgrund von Besonderheiten des konkreten Falles verwehrt hätten, sich auf den Formverstoß zu berufen, hat das Bundesarbeitsgericht verneint.
 
Praxistipp
Das Urteil zeigt auf, dass im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Elternzeit immer wieder Fehler auftreten. Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie gemäß § 16 Abs. 1 BEEG spätestens 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und zugleich erklären, für welche Zeiten innerhalb von 2 Jahren Elternzeit genommen werden soll. Voraussetzung ist damit zum einen die Wahrung der Schriftform durch eigenhändige Unterschrift - hierfür reicht ein Fax oder eine E-Mail nicht aus -, zum anderen ist erforderlich, dass sich der Arbeitnehmer für den Zeitraum von 2 Jahren festlegt.
 
Beantragt ein Arbeitnehmer zunächst (nur) für z.B. ein Jahr Elternzeit, kann er diese im Anschluss daran nicht verlängern, da die Elternzeit für das zweite Jahr mit einem solchen Verlangen unwiderruflich verbraucht ist.
 
Die gleichen strengen Voraussetzungen gelten für das Verlangen einer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit. Auch ein Teilzeitverlangen ist für den Zeitraum bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes 7 Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit schriftlich im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB - durch eigenhändige Unterschrift - mitzuteilen (§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG). Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Antrag gemäß § 15 Abs. 7 S. 2 BEEG Beginn und Umfang der verringerten Arbeitszeit konkret benennt.
 
Wahrt ein Elternzeitverlangen/Teilzeitverlangen nicht die erforderliche Schriftform oder wird nicht fristgerecht gestellt oder enthält im Falle des Teilzeitverlangens nicht die notwendigen konkreten Angaben zur Dauer und Lage der Arbeitszeit, ist die Erklärung nichtig und kann sich der Arbeitnehmer darauf nicht berufen. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall die Arbeitsleistung wie vertraglich vereinbart verlangen. Darüber hinaus greift der Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht ein, wenn die Elternzeit nicht wirksam beantragt worden ist.