Mittwoch, 11.03.2020

Wie das Corona-Virus zu Kurzarbeit führen kann
 

Ein Beitrag von Beatrice Kemper und Jana Ross

Das Thema „Kurzarbeit“ ist nicht neu, aufgrund des Corona-Virus derzeit aber in vielen Unternehmen präsenter als zuvor. Im Anschluss an unseren Beitrag vom 26.02.2020, in dem wir bereits viele Fragen rund um das Thema „Corona-Virus im Arbeitsrecht“ geklärt haben, möchten wir auch dieses Thema aufgreifen:

Was ist Kurzarbeit?

In wirtschaftlich schwierigen Phasen, die mit einem Umsatzrückgang einhergehen, stehen Arbeitgeber regelmäßig vor der Frage, ob Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Hieran schließen sich häufig Probleme im Rahmen der sozialen Rechtfertigung von betriebsbedingten Kündigungen an, da die Anforderungen an die Darlegung der Auswirkungen wirtschaftlicher Schwierigkeiten und insbesondere deren Dauerhaftigkeit durch den Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess nachzuweisen sind. Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit – das bei der Einführung von Kurzarbeit gerade nicht vorliegt – macht solche Kündigungen für den Arbeitgeber oft aussichtslos. Um sowohl den Arbeitgeber vor einer hieraus entstehenden wirtschaftlichen Schieflage, aber auch den Bestand der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer auf lange Sicht zu schützen, besteht die Möglichkeit, Kurzarbeit einzuführen.

Kurzarbeit ist die vorübergehende (teilweise oder vollständige) Reduzierung der Arbeitszeit aufgrund äußerer Umstände wie der wirtschaftlichen Lage. Die Arbeitszeitreduzierung geht auch mit einer Entgeltreduzierung einher.

Was sind die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit?

Kurzarbeit kann nicht einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Dies bedarf einer Rechtsgrundlage, die auch konkrete Voraussetzungen für die Einführung regeln muss. Eine solche kann eine tarifvertragliche Regelung sein, die die Einführung von Kurzarbeit zulässt. Auch arbeitsvertraglich kann wirksam vereinbart werden, dass Kurzarbeit eingeführt werden kann. Liegt weder eine tarifvertragliche noch eine arbeitsvertragliche Vereinbarung vor, kann Kurzarbeit nur durch Abschluss eines Änderungsvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder Ausspruch einer Änderungskündigung eingeführt werden, d. h. entweder unter freiwilliger Mitwirkung des Arbeitnehmers oder unter den Voraussetzungen einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Bei der Einführung von Kurzarbeit ist der Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zwingend zu beteiligen.

Kurzarbeitergeld

Der Arbeitgeber kann bei der Agentur für Arbeit für diese Zeit Kurzarbeitergeld nach den §§ 95 ff. SGB III beantragen. Das Kurzarbeitergeld stellt eine teilweise Kompensation des infolge der Arbeitszeitreduzierung eintretenden Einkommensverlustes dar und entlastet das Unternehmen insoweit. Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist neben der ordnungsgemäßen Anzeige und Beantragung ein vorübergehender, nicht vermeidbarer und erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall von mindestens 10 % bis zu 100% bei mindestens einem Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Liegen alle Voraussetzungen vor, wird Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 % bzw. 67 % der (pauschalierten) Nettoentgeltdifferenz bis zu einem Zeitraum von 12 Monaten gezahlt. Auch für das Kurarbeitergeld können – wie bei der Gewährung vor Arbeitslosengeld – Ruhens- und Sperrzeiten gem. §§ 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 und 156 SGB III verhängt werden.

Wird Kurzarbeit angeordnet und abgeleistet und beantragt der Arbeitgeber nicht, nicht rechtzeitig oder nicht rechtmäßig die Bewilligung von Kurzarbeitergeld, so kann er sich wegen der fehlenden Mitwirkung gegenüber den Arbeitnehmern schadensersatzpflichtig machen. Der Arbeitnehmer behält in diesem Fall den Anspruch auf Zahlung der Vergütung in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Da die Anordnung der Kurzarbeit unabhängig von der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes bestehen bleibt, muss der Arbeitgeber daher im schlimmsten Fall die Gehälter im Wesentlichen weiterzahlen, ohne Anspruch auf die volle Arbeitsleistung zu haben. Die Einführung von Kurzarbeit sollte daher sorgfältig vorbereitet werden.

Aktueller Handlungsbedarf und Ausblick aufgrund Corona

Aufgrund von Engpässen in den Lieferketten, die aus der erheblichen Ausbreitung des Virus in anderen Ländern folgen sowie hohem Krankenstand im Inland, kann sich auch in Zeiten der Verbreitung des Corona-Virus erheblicher Arbeitsausfall ergeben. Wichtig für die Arbeitsvertragsparteien ist es dann zu prüfen, ob eine Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit besteht und wenn nicht, eine solche nachträglich zu schaffen. Eine Anzeige bei der Agentur für Arbeit sollte unverzüglich erfolgen, um das Kurzarbeitergeld zu sichern und Schadensersatzpflichten zu vermeiden.

Die Fraktionen CDU/CSU und SPD haben am 10.03.2020 einen Gesetzentwurf verabschiedet, der u. a. vorsieht, dass die Bundesregierung eine Verordnungsermächtigung zum erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld für einen befristeten Zeitraum bis Ende 2021 verabschieden kann. Geplant ist u. a. die Herabsetzung der Schwelle der im Betrieb betroffenen Arbeitnehmer von bislang einem Drittel auf 10 %, eine (teilweise) Erstattung der derzeit vom Arbeitgeber zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge auf Kurzarbeitergeld sowie die Ermöglichung des Bezugs von Kurzarbeitergeld für Leiharbeitnehmer.