Dienstag, 19.05.2015

Pflicht des Bauträgers zur Eigentumsumschreibung trotz offenen Erwerbspreises

Mit Urteil vom 17.04.2015 (Az.: 9 U 35/14) hat das OLG Hamburg entschieden, dass der Bauträger trotz offenen Restkaufpreises unter bestimmten Voraussetzungen zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer verpflichtet sein kann, wenn der Erwerber berechtigt ist, den Kaufpreis wegen (Bau-)Mängeln zurückzubehalten.
 
Sachverhalt
In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall verlangte der Erwerber (im Wege der Widerklage) vom Bauträger Schadensersatz für Kosten, die er deshalb aufwenden musste, weil er die erworbenen Eigentumswohnungen nicht mit einer Grundschuld in voller Höhe des Kaufpreises belasten konnte und daher einen Kredit zusätzlich durch Termingeldanlagen absichern musste. Hierfür musste der Erwerber Gebühren in erheblicher Höhe an seine Bank zahlen.
 
Dem vorausgegangen war, dass der Erwerber wegen Mängeln an der Alarmanlage und weiteren Bauteilen ca. 10 % des Kaufpreises zurückhielt, weshalb der Bauträger ihm lediglich gestattete, die erworbenen Eigentumswohnungen mit einer Grundschuld in Höhe von 90 % des Kaufpreises zu belasten und im Übrigen eine Eigentumsumschreibung ablehnte.
 
Entscheidung
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass der Bauträger nicht berechtigt war, die Eigentumsumschreibungen wegen des vom Erwerber berechtigt zurückgehaltenen Teils des Kaufpreises zu verweigern. Das OLG Hamburg schloss sich damit einer gleichlautenden Entscheidung des Landgerichts Heilbronn an, wonach der Bauträger sich wegen Baumängeln berechtigt zurückgehaltenen Kaufpreises nicht seinerseits wegen der noch ausstehenden Kaufpreisrate in Bezug auf die Umschreibung des Eigentums auf ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB berufen könne. In diesem Fall sei es im Sinne des § 320 Abs. 2 BGB treuwidrig, wenn der Bauträger die Eigentumsumschreibung verweigere, obwohl der Käufer die Vergütung bis auf einen Rest gezahlt habe, bezüglich dessen ihm ein Zurückbehaltungsrecht wegen Baumängeln zustehe. In einem solchen Fall überwiege das Interesse des Erwerbers an der Eigentumsumschreibung erheblich das Interesse des Bauträgers, ein Druckmittel für die Zahlung der Restrate zu besitzen.
 
Da damit der Erwerber in dem entschiedenen Fall zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kredites bereits einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den Eigentumswohnungen hatte und somit eigentlich den vollen Wert der Eigentumswohnung hätte beleihen können, womit ein Ausweichen auf die Besicherung über Termingeldanlagen nicht mehr notwendig gewesen wäre, verurteilte das OLG Hamburg den Bauträger zur Zahlung der hierfür vom Erwerber aufgewendeten Kosten als Schadensersatz.
 
Fazit
Bereits bisher entsprach vertrat die Rechtsprechung die Auffassung, dass der Bauträger regelmäßig die Eigentumsumschreibung dann nicht verweigern könne, wenn lediglich ein geringfügiger Restbetrag der Kaufpreiszahlung offen stehe.
 
Das Urteil des OLG Hamburg geht in seiner Begründung jedoch darüber hinaus und spricht dem Erwerber auch dann einen Anspruch auf Eigentumsumschreibung zu, wenn er erhebliche Teile des Kaufpreises (berechtigt) wegen Baumängeln nicht zahlt.
 
Nicht ausdrücklich Stellung bezogen hat das OLG Hamburg, ob dies auch für den Fall gilt, dass der Erwerber nicht nur die „einfachen“ Mangelbeseitigungskosten zurückhält, sondern gemäß § 641 Abs. 3 BGB das Doppelte des Mangelbeseitigungsaufwandes. Hier bleibt abzuwarten, ob sich die vom OLG Hamburg vertretene Rechtsauffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung verfestigt und auch auf den vorgenannten Fall angewendet wird. Denkbar ist dies ganz sicher.
 
Für die Praxis bedeutet das Urteil, dass auf der Erwerberseite während der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Kaufpreis stets auch über die Geltendmachung des (sofortigen) Eigentumsumschreibungsanspruchs nachgedacht werden sollte.
 
Auf Bauträgerseite wiederum ist nun stärker, als auch schon bislang, darauf zu achten, dass eine Eigentumsumschreibung wegen noch ausstehenden Restkaufpreises nicht in jedem Fall verweigert werden kann. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Bauträger bestimmte Mängel anerkennt und der Käufer daraufhin Werklohn bis zur Beseitigung zurückhält. Der Erwerber ist dann berechtigt, bereits die Eigentumsumschreibung vom Bauträger zu verlangen, weshalb es unter Umständen ratsam ist, Mängelansprüche nicht vor Beseitigung frühzeitig anzuerkennen. In Fällen wie dem entschiedenen, in denen der Erwerber darlegt, dass ihm bei verspäteter Eigentumsumschreibung Schäden drohen, sollte zudem eine Risikoabwägung vorgenommen werden. Stellt sich nämlich in einem späteren Prozess heraus, dass der Rückbehalt des Erwerbers berechtigt war, kann der Erwerber den durch die „verspätete“ Umschreibung entstandenen Schaden vom Bauträger ersetzt verlangen.