Freitag, 27.03.2020

Die Bekämpfung der Ausbreitung von covid-19 und die Begrenzung der Auswirkungen auf Unternehmen am Beispiel der Erleichterung von Hauptversammlungen für Aktiengesellschaften

Sämtliche Bundesländer haben mittlerweile mehr oder weniger einschneidende Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung der Lungenkrankheit COVID-19 getroffen. Darunter auch Nordrhein-Westfalen mit der seit dem 23.03.2020 vorerst bis zum 20.04.2020 geltenden neuen „Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ (CoronaSchVO). Diese und andere Verordnungen führen zu teils gravierenden Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens. In NRW sind Verstöße gegen diese neuen Bestimmungen teilweise mit erheblichen Bußgeldern bzw. Strafen belegt. Ordnungswidrigkeiten werden mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000,00 geahndet und Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren verfolgt.
 
Auch Unternehmen sind in ihrer Organisation von diesen Beschränkungen betroffen
 
So sind etwa in § 11 Abs. 1 der CoronaSchVO NRW Veranstaltungen und Versammlungen grundsätzlich untersagt. Diese Einschränkungen von Versammlungsmöglichkeiten haben erhebliche Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit von Unternehmen verschiedener Rechtsformen, da diese zum Beispiel nicht mehr in der Lage sind, auf traditionellem Wege Beschlüsse auf Versammlungen der entsprechenden Organe herbeizuführen. Dies kann ordentliche jährliche Versammlungen betreffen, die etwa der Feststellung von Jahresabschlüssen oder der Festlegung der Gewinnausschüttung dienen, aber auch außerordentliche Versammlungen, die z. B. geplanten Umstrukturierungen dienen.
 
Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
 
Der Bundestag hat am Mittwoch, den 25.03.2020, einstimmig einen Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-, und Strafverfahrensrecht angenommen. Der Gesetzesentwurf hat am 27.03.2020 auch den Bundesrat passiert. Neben zahlreichen angekündigten Erleichterungen für Menschen, die infolge der Pandemie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, sollen auch betroffene Unternehmen verschiedener Rechtsformen in die Lage versetzt werden, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben. Zuletzt sahen sich nämlich mehr und mehr Unternehmen, darunter auch große DAX-Konzerne, wie etwa die Telekom oder Daimler AG, dazu gezwungen, die üblicherweise häufig im Frühjahr stattfindenden jährlichen Hauptversammlungen in die zweite Jahreshälfte zu verschieben, da Hauptversammlungen nach den gesetzlichen Regelungen des Aktiengesetzes grundsätzlich als Präsenzveranstaltungen konzipiert sind.
 
Erleichterungen durch das Gesetz und mögliche Kritikpunkte
 
Der Entwurf des Gesetzes sieht in Art. 2 teilweise erhebliche (vorübergehende) Erleichterungen zur Durchführung von Hauptversammlungen vor. Dazu zählt etwa die Möglichkeit, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft etwa auch ohne eine Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen kann. Zudem soll die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung geschaffen werden, bei der es auch nur eingeschränkte Anfechtungsmöglichkeiten gibt. Ebenfalls interessant ist, dass durch das Gesetz die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine Hauptversammlung innerhalb des gesamten Geschäftsjahres durchzuführen. Die bisher geltende Achtmonatsfrist soll also verlängert werden.
Das Gesetz sorgt demnach für mehr Flexibilität der Unternehmen. Jedoch sehen verschiedene Aktionärsverbände den neuen Gesetzentwurf etwa in Anbetracht der Einschränkung von Anfechtungsmöglichkeiten durchaus kritisch, da sie eine missbräuchliche Verwendung dieser Mechanismen zu Lasten der Aktionäre befürchten.
Vor dem Hintergrund der vorgesehenen Möglichkeit der Verschiebung von jährlichen Hauptversammlungen jenseits des 31.08.2020 dürfte dies vielfach das Mittel der Wahl sein.