Mittwoch, 26.02.2020

Das Corona-Virus aus arbeitsrechtlicher Sicht

Im Zusammenhang mit dem derzeit täglich aktuellen Thema „Corona-Virus“ treten Fragen nach Verhaltensregeln in den verschiedensten Bereichen auf, so auch und insbesondere in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Das nehmen wir zum Anlass auf folgende Grundsätze einzugehen:

Pflicht zur Quarantäne

Aufgrund der Ähnlichkeit der Symptome von Corona- und Grippe-Virus stellen sich zunächst als Corona-Virus-Infektion behandelte Fälle später häufig als Fehlalarm heraus. Dennoch werden die Betroffenen in Verdachtsfällen zum Schutz der Bevölkerung zunächst unter Quarantäne gestellt. Aber ist man dazu verpflichtet, sich isolieren zu lassen und solange in Quarantäne zu bleiben, bis diese aufgehoben wird?
Die Quarantäne wird nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG) durch das Gesundheitsministerium angeordnet. Eine angeordnete Quarantäne – ob im Krankenhaus oder anderenorts – darf der Betroffene nicht eigenmächtig verlassen. Diese kann unter Beachtung der vorgesehen Formvorschriften – im Extremfall mithilfe der Polizei – sogar erzwungen werden.
 
Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer unter Quarantäne steht?

Wurde die Quarantäne angeordnet, kann die vertraglich im Arbeitsverhältnis vereinbarte Arbeitsleistung in vielen Fällen nicht mehr erbracht werden. Liegt nicht nur der Verdacht auf eine bestehende Infektion, sondern tatsächlich eine Erkrankung vor, geltend die auch bei anderen Erkrankungen anzuwendenden Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Der Arbeitnehmer erhält 6 Wochen lang Lohnfortzahlung, anschließend Krankengeld nach dem SGB V. Nichts anderes gilt im Falle der Infektion mit dem Corona-Virus. Wurde die Quarantäne jedoch nur vorsorglich angeordnet und ist der Arbeitnehmer überhaupt nicht erkrankt und damit nicht arbeitsunfähig, greift das EFZG nicht. Das IfSG sieht für diese Fälle allerdings gleichlaufende Entschädigungsansprüche vor. D. h., der Arbeitnehmer erhält ebenfalls 6 Wochen Lohnfortzahlung in Höhe seines üblichen Lohns und anschließend Krankengeld. Kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aber auch aus der Quarantäne heraus erbringen, muss er das natürlich auch tun und besteht ein Anspruch auf Entschädigungszahlung nicht.

Wer trägt die Kosten?

Dem Arbeitgeber wird der Nettoauszahlungsbetrag der Lohnfortzahlung an den Arbeitnehmer nach § 56 Abs. 5 IfSG von der zuständigen Behörde auf Antrag erstattet. Der Erstattungsantrag muss innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Ende der Quarantäne bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Arbeitgebers beizufügen. Die zuständige Behörde hat außerdem auf Antrag dem Arbeitgeber einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages zu gewähren.

Kann der Arbeitnehmer die Arbeit wegen einer vermuteten Infektion oder der Sorge vor einer Infektion verweigern?

Der Arbeitnehmer kann sich nicht eigenmächtig freistellen. Diese Entscheidung obliegt dem Arbeitgeber. Um die Erforderlichkeit einschätzen zu können darf dieser Auskunft darüber verlangen, ob sich ein Mitarbeiter z. B. in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Den Arbeitgeber treffen aber auch sog. Fürsorgepflichten, die ihn verpflichten, Leben und Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. Bestehen also konkrete Anhaltspunkte dafür, dass am Arbeitsplatz ein erhebliches Infektionsrisiko besteht, kann der Arbeitgeber im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit derart gebunden sein, dass er die Arbeitnehmer freizustellen hat, jedenfalls muss er aber hinreichende Schutzvorkehrungen treffen, um ein Ausbreiten der Infektion zu verhindern. Erscheint der Arbeitnehmer dagegen eigenmächtig oder sogar entgegen der Anweisungen des Arbeitgebers nicht an seinem Arbeitsplatz, drohen ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie Lohnkürzungen und Abmahnungen bis hin zur Kündigung.

Kann der Arbeitgeber Dienstreisen nach China anordnen?

Grundsätzlich können Dienstreisen, sofern dies im Rahmen des – durch die arbeitsvertragliche Vereinbarung unter Umständen eingeschränkten – Weisungsrechts liegt, durch den Arbeitgeber einseitig angeordnet werden. Auch diese Entscheidung hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen, d. h. auch unter Beachtung seiner Fürsorgepflicht zu treffen. Hierbei hat der Arbeitgeber etwaige Reisewarnungen für die Zielregion der Dienstreise in seine Abwägung mit einzubeziehen, ebenso wie bestehende Vorerkrankungen des Arbeitnehmers.

Fazit

In Zeiten erhöhter Gesundheitsrisiken stehen dem Arbeitgeber zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, seine Mitarbeiter zu schützen. Bei entsprechenden Anhaltspunkten trifft ihn die Pflicht, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Der Arbeitnehmer erleidet in der Regel keine wirtschaftlichen Verluste. Ein Recht auf Freistellung oder Arbeitsverweigerung besteht nicht.