Donnerstag, 29.12.2022

Bedenkenhinweis muss so eindeutig sein, dass die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.12.2022 - 22 U 113/22 = IBRRS 2022, 3774
 
Ein Beitrag von Lionel Patting
 
Sachverhalt
In dem von dem OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall ging es um die Durchführung von Betonierarbeiten im Rahmen der Erstellung eines Einfamilienhauses.
Diese Betonierarbeiten sind bei hochsommerlichen Temperaturen durchgeführt worden, woraufhin sich sog. Betonnester und Hohllagen gebildet haben.
 
Die Wände mussten anschließend aufwändig saniert werden, was erhebliche Kosten nach sich zog, die die Auftraggeberin beim Auftragnehmer anschließend geltend machte. Im Verfahren vor dem Landgericht Krefeld stellte der Sachverständige fest, dass Hohllagen und Gefügestörungen in der Betonausfüllung im ungünstigen Falle bei einer Stoßbelastung zu einem Teilversagen der Wand oder gar einem Einstürzen der Wände hätten führen können.
 
Der Auftragnehmer verteidigte sich im Wesentlichen damit, er habe hinreichende Bedenkenhinweise ausgebracht. Außerdem, so der Auftragnehmer, handele es sich bei der Auftraggeberin um ein „professionelles Bauunternehmen“, weshalb ein Bedenkenhinweis grundsätzlich sogar entbehrlich gewesen sei. Hinweise des Auftragnehmers, er könne „keine Gewähr“ für die Arbeiten übernehmen reichten aus, die der Auftragnehmer gegenüber einem von ihm als „bevollmächtigt“ erachteten Bauleiter ausgebracht habe.
 
Entscheidung
Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht nicht.
 
Ein Bedenkenhinweis sei nicht deshalb entbehrlich, weil die Besteller ein professionelles Bauunternehmen ist oder es bei anderen Bauvorhaben in der Vergangenheit zu ähnlichen Mangelsymptomen gekommen ist. Auch gegenüber professionellen Bestellern bestehe eine Bedenkenhinweispflicht, was daraus folge, dass die Bedenkenhinweispflicht aus der Erfolgsverantwortung des Bestellers folge und nicht zum "Ausgleich" mangelnder Sachkunde des Bestellers diene.
 
Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis setzte voraus, dass der Besteller ausreichend gewarnt werde. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Besteller die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird. Allgemeine und vage Hinweise genügen nicht.
 
Darüber hinaus stellte der Senat fest, dass – abgesehen von vorstehenden Erwägungen – ein Bedenkenhinweis an den Auftraggeber selbst auszubringen ist.
Im vorliegenden Fall hatte der Auftragnehmer die Auffassung vertreten, er habe Bedenkenhinweise auch an einen – seiner Ansicht nach – bevollmächtigten Bauleiter ausbringen dürfen.
Dem folgte der Senat nicht, da sich der Adressat nach eigenem Vortrag des Auftragnehmers den behaupteten Bedenken verschloss.
 
Der Senat führt insoweit aus, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch in dem Fall, dass ein Vertreter für die Entgegennahme von Bedenkenanzeigen bevollmächtigt ist, die Bedenkenanzeige nicht dem Besteller zugeht, wenn der Bauleiter selbst für den Mangel verantwortlich ist oder sich den Bedenken verschließt.
Nach der Rechtsprechung des BGH führt der Hinweis des Bauunternehmers auf Bedenken gegen die geplante Ausführung gegenüber dem Architekten des Bauherrn dann nicht zu einer Verlagerung des Mängelrisikos auf den Bauherrn, wenn es sich um einen Fehler handelt, den der Architekt zu verantworten hat oder wenn der Architekt sich den berechtigten Einwänden des Bauunternehmers verschließt und auf der Ausführung besteht. In solchen Fällen entfällt die Verantwortlichkeit des Bauunternehmers nur, wenn er seine Bedenken dem Bauherrn gegenüber äußert (BGH Urt. v. 19.12.1996 - VII ZR 309/95, BauR 1997, 301, u.v.m.).
 
 
Fazit
Ein ordnungsgemäß ausgebrachter Bedenkenhinweis kann im Falle von Mängeln oder Schäden den Auftragnehmer enthaften.
 
Das gilt aber nur, wenn der Bedenkenhinweis
 
- erschöpfend, eindeutig und klar ist
- rechtzeitig gegenüber dem richtigen Adressaten ausgebracht worden ist
- beweisbar ist.