Donnerstag, 31.01.2019

Airlines haften nicht nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) bei verzögerter Abfertigung wegen Systemausfalls in einem Flughafenterminal.

Sachverhalt:

Die Klägerinnen hatten bei der beklagten Airline Flüge von New York nach London gebucht und Anschlussflüge nach Stuttgart. Die Flüge von New York nach London starteten mit einer mehr als zweistündigen Verspätung, da am Startflughafen die elektronische Passagierabfertigung ausgefallen war. Daraufhin verpassten die Reisenden ihre Anschlussflüge in London und kamen mit einer Verspätung von mehr als neun Stunden in Stuttgart an.
Die Klägerinnen forderten deshalb von der Airline jeweils eine Entschädigung in Höhe von 600 Euro nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr.261/2004).
Die beklagte Airline wandte dagegen ein, dass es sich bei dem Ausfall des Abfertigungssystems um einen außergewöhnlichen Umstand gehandelt habe, welchen man nicht beeinflussen konnte.
Die beiden Vorinstanzen hatten die Klage bereits abgewiesen.
 
Das Urteil des BGH vom 15.01.2019 zum Az. X ZR 15/18 und Az. X ZR 85/18

Der BGH hat nunmehr mit seinen jüngsten Entscheidungen vom 15.01.2019 (Az.: X ZR 15/18 und X ZR 85/18) die von den Klägerinnen eingelegte Revision in beiden Fällen zurückgewiesen und bestätigte damit die Annahmen des Berufungsgerichts.
Nach Ansicht des BGH liege in dem Ausfall des elektronischen Abfertigungssystems am Flughafen ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung. Beim Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung scheide ein Anspruch wegen Verspätung gemäß Art 7 Fluggastrechteverordnung aus.
„Der Betrieb der technischen Einrichtung eines Flughafens, zu denen auch die Telekommunikationsleitungen gehören, obliegt dem Flughafenbetreiber.“ Der technische Defekt der elektrischen Abfertigungsanlage über einen längeren Zeitraum stelle ein Ereignis dar, welches von außen auf den Flugbetrieb der Airline einwirke und diesen beeinflusse. Ein solches Ereignis sei jedenfalls nicht von der Airline zu beherrschen, da die Überprüfung und Wartung dieser Einrichtung in den Verantwortungsbereich des Flughafenbetreibers fällt. Folglich läge ein außergewöhnlicher Umstand vor.
Da die Airline sodann die Abfertigung der Fluggäste manuell vornahm, habe die Airline alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um den Systemausfall zu kompensieren. Der Einwand der Klägerinnen, die Airline hätte versuchen können die Anschlussflüge zu verschieben, die Klägerinnen auf einen anderen Flug umbuchen oder einen zusätzlichen Flug zum Endziel organisieren können, beurteilte der BGH als unerheblich. Dies begründete das Gericht damit, dass dadurch die im Sinne des Art 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung allein erhebliche Verspätung des Fluges von New York nach London nicht hätte vermieden werden können.
 
Fazit:

Der BGH schränkt mit seinem jüngsten Urteil die Haftung von Airlines nach der verbraucherfreundlichen Fluggastrechteverordnung für eine Vielzahl von denkbaren Fällen ein. Fluggäste sollten deshalb vor der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verspätungen genau erfragen, worauf die Verspätung eines Fluges zurückzuführen ist. Liegt der Grund der Verspätung nicht im Einflussbereich der Airline, so kann ein Anspruch gegen die Airline ausscheiden.