Dienstag, 05.07.2016

Zulässige Anrechnung von Sonderzuwendungen auf den gesetzlichen Mindeslohn

Das Bundesarbeitsgericht hat am 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16 – entschieden, dass der gesetzliche Mindestlohn durch alle Entgeltzahlungen erfüllt wird, die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeitsleistung erbracht werden.
 
Sachverhalt
Die Klägerin ist in einer Cafeteria des Tochterunternehmens eines städtischen Klinikums zu einem Bruttomonatsentgelt von 1.391,36 € in Vollzeit beschäftigt, womit sich der Stundenlohn der Klägerin auf 8,03 € beläuft. Arbeitsvertraglich wurde ihr neben besonderen Lohnzuschlägen ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld zugesichert, letzteres wurde bis Ende 2014 jeweils in Höhe eines halben Monatsentgelts in zwei jährlichen Raten ausgezahlt. Im Dezember 2014 – unmittelbar vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes – schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen zu jeweils 1/12 des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, so dass anstelle der bisherigen halbjährlichen Auszahlung eine anteilige monatliche Auszahlung der Sonderzahlungen erfolgt. Danach erhält die Klägerin seit Januar 2015 ein monatliches Bruttoentgelt von 1.507,30 €. Mit ihrer Klage hatte die Klägerin geltend gemacht, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen müssten ebenso wie die vertraglich zugesagten  Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 € brutto/Stunde geleistet werden.
 
Entscheidungsgründe
Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und entschieden, die Klägerin habe aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht. Der für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde geschuldete gesetzliche Mindestlohn wird danach durch alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen erfüllt, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Eine Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z.B. § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen. Auf Grundlage dieser Argumentation hat das Bundesarbeitsgericht einen Anspruch der Klägerin auf erhöhte Leistungen verneint, da der gesetzliche Mindestlohnanspruch durch die vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen erfüllt worden ist.
 
Praxistipp
Das in der Presse viel zitierte erste Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichtes bringt Klarheit in die vielfach diskutierte Frage, welche Entgeltleistungen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können. Angerechnet werden können danach alle Entgeltzahlungen, die das arbeitsvertragliche Austauschverhältnis betreffen und damit eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen. Dies gilt für Sonderzahlungen, soweit sie nicht anderen Zwecken dienen (z.B. die Betriebstreue honorieren) und anders als beispielsweise Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge nicht auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen. Die immer öfter praktizierte monatliche Auszahlung von Sonderleistungen stellt damit ein legitimes Mittel des Arbeitgebers dar, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch durch vorbehaltlos und unwiderruflich gezahlte monatliche Sonderleistungen zu erfüllen.