Dienstag, 27.09.2016

Persönlichkeitsrechte des Kindes bei Veröffentlichung von Lichtbildern durch die Eltern

Nach einer Statistik aus dem Jahr 2014 belief sich zu diesem Zeitpunkt die Zahl der aktiven Nutzer des sozialen Netzwerkes Facebook in Deutschland auf rund 27 Millionen. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von immerhin 33,75 %. Eine Vielzahl der Nutzer sozialer Netzwerke lädt auf diese Profile nicht nur Fotos hoch, auf denen sie selbst abgebildet sind, sondern auch Bilder Dritter. Immer wenn Lichtbilder Dritter im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, stellen sich eine Vielzahl von nicht nur urheberrechtlichen, sondern insbesondere auch Fragen des Persönlichkeitsrechtes. In Österreich soll nun zum ersten Mal ein Kind seine Eltern zivilrechtlich wegen solcher Veröffentlichung von Kinderbildern in Anspruch genommen haben. Zwar wurde der in den Medien zunächst vielfach diskutierte Fall später wieder dementiert, dennoch bietet der Fall Anlass, über die rechtlichen Fallstricke derartiger Veröffentlichungen nachzudenken. Im geschilderten Fall war es hierbei so, dass die Eltern des 14-jährigen Mädchens die Fotos der Tochter nicht zeitgleich mit der Anfertigung der Bilder, sondern vielmehr erhebliche Zeit danach hochgeladen haben sollen. Die Jugendliche wehre sich nun gegen die Veröffentlichung dieser Kinderbilder, auf denen sie teilweise unbekleidet oder in ihrer Auffassung nach entwürdigenden Posen/Situationen dargestellt ist. Doch wie ist die Rechtslage in Bezug auf Fotos, die Eltern von ihren Kindern bei Facebook veröffentlichen?
 
Geht man von dem in den Medien geschilderten Fall aus, soll es so gewesen sein, dass die Fotos, die von den Eltern auf Facebook veröffentlicht wurden, einem Personenkreis von ca. 700 Facebook-„Freunden“ zugänglich gewesen sein sollen und insbesondere Kinder- bzw. Babyfotos des Kindes zeigen sollten. Zunächst muss die Frage aufgeworfen werden, ob die Tatsache, dass das zur Verfügungstellen dieser Fotos an einen großen aber dennoch umgrenzten Freundeskreis überhaupt eine Veröffentlichung im Rechtssinne darstellt. Die früher vertretene Auffassung, dass max. 100 Personen in glaubwürdiger Weise zum engen Familien- oder Freundeskreis zählen können, dürfte in Zeiten des Internets und sozialer Netzwerke zwar überholt sein, dennoch gibt es weiterhin keine klaren Grenzen, wie viele Personen zum privaten Rahmen zählen können und wann eine „Öffentlichkeit“ im Internet vorliegt. Die Grenze von 100 potenziellen Betrachtern dürfte auch weiterhin einen geeigneten Maßstab für die Frage, ob Öffentlichkeit vorliegt oder nicht zur Verfügung stellen und man dürfte davon ausgehen können, dass eine Veröffentlichung im Rechtssinne gegeben ist, wenn die Zahl von 100 Personen, die auf die Inhalte zugreifen können überschritten ist.
 
Davon abgesehen ist es so, dass auch die Frage, inwieweit und in welchen zeitlichen Grenzen Eltern persönlichkeitsrechtsrelevante Inhalte ihrer Kinder im Internet veröffentlichen dürfen, nicht pauschal beantwortet werden kann. Für die Frage, wer über persönlichkeitsrechtsrelevante Inhalte des Kindes entscheidet, kommt es anders als im Bereich der Geschäftsfähigkeit nämlich nicht auf das fixe Kriterium der Vollendung des 18. Lebensjahres an, sondern vielmehr auf die sog. Einsichtsfähigkeit des Kindes, wobei in der Regel davon ausgegangen wird, dass ein Kind ab 14 Jahren diese Einsichtsfähigkeit besitzt und daher (mit)entscheiden kann und soll, welche Inhalte veröffentlicht werden dürfen und welche nicht. Diese Einsichtsfähigkeit ist jedoch wie beschrieben nicht starr an eine bestimmte Altersgrenze gebunden, sondern vielmehr kann auch ein jüngeres Kind bereits so einsichtsfähig sein, dass man davon ausgehen kann, dass es ein Recht und auch die tatsächliche Möglichkeit hat, über die Frage selbst entscheiden zu können. Solange eine Einsichtsfähigkeit nicht vorliegt, obliegt die Frage wie die Persönlichkeitsrechte des Kindes geschützt und ausgeübt werden den Erziehungsberechtigten. Hierbei ist zu beachten, dass im Zweifel, sofern beide Eltern das Sorgerecht innehaben, auch beide Eltern in Veröffentlichungen einwilligen müssen. D.h., dass Veröffentlichungen nur eines Elternteils, die mit dem anderen Elternteil nicht abgestimmt sind, ggf. rechtlich problematisch werden können und theoretisch auch hier eine Inanspruchnahme durch den jeweils anderen Elternteils drohen kann.
 
Für die Frage, welche Art von Bildern das Persönlichkeitsrechts eines Kindes in besonderem Maße beeinträchtigen, kommt es ebenfalls auf eine Abwägung im Einzelfall an. Kritisch sollten insbesondere solche Aufnahmen betrachtet werden, in denen das Kind der Lächerlichkeit preisgegeben wird oder in speziellen, das Persönlichkeitsrecht einschränkenden Situationen abgebildet wird. Auch bei der Veröffentlichung von unbekleideten Fotos des Kindes ist stets – nicht nur aus Gründen des Persönlichkeitsrechts – Vorsicht geboten. Auch die Polizei rät im Internet immer wieder Eltern dazu, keine solchen unbekleideten Aufnahmen von Kindern zu veröffentlichen, da dies letztlich auch Kriminelle auf den Plan rufen kann, die das Internet gezielt nach solchen Bildern absuchen um auf dubiosen Seiten hiermit Handel zu treiben oder schlimmeres.
 
Abschließend lässt sich daher feststellen, dass es rechtlich durchaus möglich ist, dass Kinder ihre Eltern erfolgreich zivilrechtlich auf Unterlassung und ggf. auch Schmerzensgeld in Anspruch können, wenn unabgesprochen Fotos des Kindes veröffentlicht werden. Wann genau ein Unterlassungs- oder sonstiger Anspruch des Kindes besteht kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Gerade deshalb sollten Eltern vor Hochladen derartiger Inhalte darüber reflektieren, wie sie selbst in der Situation des Kindes entscheiden würden und ob sie einer Veröffentlichung zustimmen würden, wenn sie selbst auf dem entsprechenden Lichtbild abgebildet wären. Für Eltern, die die Facebook-Funktionen dafür nutzen wollen, für sich selbst oder das Kind eine Chronik der Kindheit und der verschiedenen Ereignisse in der Kindheit anzufertigen empfiehlt sich, ein eigenes Facebook-Profil für das Kind anzulegen, auf das nur die Eltern und ggf. ein kleiner Kreis von Verwandten Zugriff haben und welches sodann später, wenn das Kind selbst entscheiden kann, diesem zugänglich gemacht wird, sodass es selbst entscheiden kann, wer die dort vorgehaltenen Bilder sehen kann und wer nicht.