Montag, 21.03.2016

Keine Beurkundung der Gründung einer deutschen GmbH durch Schweizer Notar

AG Berlin-Charlottenburg, 22.01.16 - 99 AR 9466/15 B-A-69455/2016

Kann die Gründung einer GmbH nach deutschem Recht auch durch einen ausländischen Notar erfolgen? Es sind vorrangig Kostengründe, die Anteilsinhaber dazu veranlassen, einen ausländischen Notar dem deutschen Notar vorzuziehen. So auch in dem Fall, welchen das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg vor kurzem entscheiden musste. Ein Schweizer Notar (Kanton Bern) beurkundete nämlich eine GmbH-Gründung gem. § 2 Abs. 2 GmbHG. Also eine Gesellschaft nach deutschem Recht. Dieser Beurkundung entsprechend, beantragten die in Berlin wohnhaften Gesellschafter später, eine Eintragung in das dortige Handelsregister. Der Firmensitz sollte ebenfalls in Berlin sein.
Das Registergericht lehnte jedoch den Antrag mit der Begründung ab, dass durch den Schweizer Notar das deutsche Beurkundungsverfahren nicht eingehalten wurde. Insbesondere die vollständige Verlesung der Urkunde nebst ihrer Anlagen wurde nicht vorgenommen. Allerdings ist gerade dies, ein sehr wichtiger Grundpfeiler des deutschen Beurkundungsrechts (§ 17 Abs. 1 BeurkG). Selbst wenn die Verlesung erfolgt wäre, so das Registergericht, kann eine Eintragung in das Handelsregister schon deshalb nicht erfolgen, weil nach der Notariatsverordnung des Kantons Bern gar keine solche Verlesung verlangt wird. Hinzu kommt, dass ausländische Notare „regelmäßig“ keine entsprechende Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts haben, somit eine Belehrung nicht hinreichend erfolgen kann. Im Grunde folgt der Ablehnungsbeschluss der Idee, einen „Beurkundungstourismus“ auf Kosten des deutschen Systems der Vorsorge-Rechtspflege, zu unterbinden.
 
Praxishinweis
Eine Formnichtigkeit bei der Gründung der Gesellschaft hat gravierende Folgen. Deshalb sollte eine beurkundungsbedürftige Gesellschaftsgründung ausschließlich von einem deutschen Notar vorgenommen werden. In Zukunft wird der Ablehnungsbeschluss des AG Berlin-Charlottenburg Modellcharakter für ähnliche Fall-Konstellationen – auch jene innerhalb geltenden EU-Rechts – haben. Zudem ist das wirtschaftliche Risiko einer im Ausland gegründeten Gesellschaft, der letztlich in Deutschland die Eintragung verwehrt wird, schlichtweg zu hoch.
Doch nicht alle notariellen Handlungen sind von diesem Urteil betroffen. Noch immer lässt die herrschende Meinung zu, dass die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen wirksam vor einem Schweizer Notar durchgeführt werden kann (NJW-RR 1989, 1259). Zwingende Voraussetzung dafür ist die „Gleichwertigkeit“ des Schweizer Beurkundungsverfahrens, was bei der reinen Anteilsübertragung von der überwiegenden Auffassung bejaht wird. Auslandsbeurkundungen von GmbH-Anteilsverkäufen sind jedoch nach wie vor mit einem gewissen (Rest-)Risiko der Formunwirksamkeit behaftet. Aus Vorsichtsgründen ist daher bis zur höchstrichterlichen Klärung bei kostengünstigen Beurkundungen in der Schweiz Zurückhaltung angebracht.