Donnerstag, 19.01.2017

Eltern können entgangenen Verdienst bei Nichtgewährung eines gesetzlich garantierten Kita-Platzes geltend machen

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 20.10.2016, dass der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seine Amtspflicht verletzt, wenn er einem anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt. Erleiden die Eltern in diesen Fällen einen Verdienstausfall, weil der gesetzlich garantierte Betreuungsplatz nicht zur Verfügung steht, können sie diesen Verdienstausfall gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ersetzt verlangen.
 
Sachverhalt
Die Klägerin machte Verdienstausfallschaden geltend, nachdem mehrfache Bitten und Anträge auf Stellung eines gesetzlich garantierten Betreuungsplatzes für ihre damals einjährige Tochter erfolglos waren und sie daher gezwungen war, ihre Erwerbstätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen. Nachdem das Landgericht der Klägerin den Anspruch zusprach, hob das Oberlandesgericht diesen mit der Argumentation auf, dass der Verdienstausfall der Klägerin nicht in den Schutzbereich der insoweit verletzten Norm, welche einen Betreuungsplatz garantiert, fällt. Ersatzberechtigt seien allein die Kinder. Der Bundesgerichtshof folgte dieser Auffassung nicht und stellte klar, dass nach Sinn und Zweck des Gesetzes auch die Eltern in den Schutzbereich der Norm fallen, nach der die Kinder einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz haben. Verletzt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe diesen gesetzlichen Anspruch des Kindes, so können die Eltern den damit verursachten Erwerbsschaden geltend machen, sofern dieser niedriger ist, als Kosten einer ggf. privat organisierten Betreuung.

Fazit
Mit dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 20.10.2016 ist nunmehr klargestellt, dass nicht nur Kinder (vertreten durch ihre Eltern) im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes Aufwendungen für privat organisierte Betreuungen ersetzt verlangt können, sondern dass auch Eltern ihren Erwerbsausfall gegenüber den Kommunen ersetzt verlangen können. Dies ist insoweit auch sachgerecht, als dass viele Eltern mangels ausreichender Betreuungsplätze davon absehen ihre Arbeit wieder aufzunehmen bzw. nur in geringem Umfang wieder Erwerbstätig werden. Für die Betroffenen öffnet nunmehr der Bundesgerichtshof die Möglichkeit den soweit entgangenen Verdienst gegenüber den Kommunen geltend zu machen. Dies stellt eine erhebliche und sinnvolle Erweiterung des bisherigen Rechtsschutzes dar, nach dem lediglich die Kinder Aufwendungen für eine privat organisierte Betreuung ersetzt verlangt konnten.